Colegio Pies Descalzos in Cartagena De Indias

Gemeinschaftsschule als Leuchtturmprojekt

Die kolumbianische Hafenstadt Cartagena De Indias gilt als eine der schönsten Kolonialstädte Südamerikas. Sie hat einen herrlichen Strand, ein historisches Stadtzentrum mit buntfarbiger Architektur samt Unesco-Wetlkulturerbe-Status und imposantem Festungsring – und ist dennoch von Armut und bescheidenen Lebensverhältnissen geprägt. Keine zehn Minuten von den touristischen Attraktionen entfernt befindet sich ein ausgedehnter Slum auf dem innerstädtischen Hügel Lomas del Peyé. Die hier lebenden Kinder waren die längste Zeit von den öffentlichen Einrichtungen der Stadt isoliert; der Besuch der nächsten Schule scheiterte häufig an zu weiten Wegen. Jetzt aber steht oben auf dem Hügel ein Schulgebäude mit einer Laterne, die wie ein Leuchtturm weithin sichtbar ist. 1.700 Kinder können hier unterrichtet werden. Gleichzeitig dient der Neubau den rund 34.000 Einwohnern der unmittelbaren Nachbarschaft als lokaler Treffpunkt mit Weiterbildungseinrichtungen und öffentlicher Bibliothek.

Das Schulgebäude setzt sich aus drei unterschiedlich großen, miteinander verzahnten, sechseckigen Baukörpern zusammen; jeder ist zweigeschossig und hat einen ebenfalls sechseckförmigen Innenhof
Den Hof des größten Baukörpers überkrönt eine hoch aufragende, weithin sichtbare Holzgitterkonstruktion
1.700 Kinder können in der Schule unterrichtet werden; den rund 34.000 Einwohnern der unmittelbaren Nachbarschaft dient sie als lokaler Treffpunkt mit Weiterbildungseinrichtungen und öffentlicher Bibliothek

Bauherrin der Schule ist die kolumbianische Stiftung Pies Descalzos, die sich seit ihrer Gründung 1997 in zahlreichen Realisierungsprojekten um die Ausbildung benachteiligter Kinder bemüht. Für das Bauvorhaben in Cartagena wählte man den Architekten Giancarlo Mazzanti, dessen Schul-, Kindergarten-, Bibliotheks- und Sportstättenprojekte allesamt stark identitätsstiftend und von großer Zeichenhaftigkeit sind.

Das Schulgebäude setzt sich aus drei unterschiedlich großen, miteinander verzahnten, sechseckigen Baukörpern zusammen. In einem befindet sich die Grundschule, im nächsten die Mittelschule, im dritten die Highschool. Alle Gebäude sind zwei Geschosse hoch und haben einen ebenfalls sechseckförmigen Innenhof. Den Hof des größten Baukörpers krönt eine Holzgitterkonstruktion, die nicht nur für Schatten sorgt, sondern mit ihrer Höhe und ungewöhnlichen Form auch ein nicht zu übersehendes Zeichen setzt. Zukünftig sollen vielleicht auch die beiden anderen Höfe – wie in den Plänen eingezeichnet – noch mit einem konischen Gitterturm bekrönt werden. Ohnehin ist die Wabenstruktur des Gebäudes auf Erweiterung angelegt.

Betreten wird das Schulgebäude über einen Vorplatz, der bei Bedarf auch den angelagerten Sportplätzen als Erweiterung dient. Die Erschließung der drei Baukörper erfolgt über lange Rampen und überdachte Terrassen aus den Innenhöfen heraus. Entlang der äußeren Kontur der drei Sechseckringe sind die Klassenzimmer angeordnet. Aus jedem kragt als besonders exponierter Raum ein Musiksaal, ein Auditorium oder ein Kunststudio in eine andere Himmelsrichtung heraus. Die jeweils unterschiedliche Innenhofgestaltung verleiht den drei Schuleinheiten ihren spezifischen Charakter.

Sonnenschutz

Stabförmige Holzelemente schützen die Schulräume und den großen Innenhof vor der mitunter sengenden Sonne Südamerikas. In vertikaler Ausrichtung und regelmäßigem Abstand sind sie fest vor den geschosshohen Aluminiumfenstern der insgesamt 49 Klassenzimmer montiert. Damit verhindern sie die direkte Sonneneinstrahlung und behindern dennoch den Ein- und Ausblick nicht. Gleichzeitig prägen sie die Fassade des Schulgebäudes, dessen konstruktives Grundgerüst auskragende Geschossplatten aus Beton bilden.

Ein ähnlich starkes Licht- und Schattenspiel, wie es die vertikalen Holzlamellen in den Klassenzimmern erzeugen, entsteht im großen Innenhof durch die hoch aufragende konische Laterne. Sie ist aus trapezförmigen Holzrahmen konstruiert, die ihrerseits mit Holzlamellen in unterschiedlichen Richtungen ausgefacht sind. Aufgrund der großen Durchlässigkeit mag die exzentrisch geformte Überdachung nicht immer ausreichend vor der Sonne zu schützen, aber mit ihrer flirrenden Transparenz wirkt sie allemal faszinierend.

Bautafel

Architekt: Giancarlo Mazzanti, Bogotá
Projektbeteiligte: Juan Andrés Lemus, Bogotá (Projektmanagement); CNI Ingenieros Consultores, Bogotá (Statik); M. U. y Asociados, Cartagena (Sanitär)
Bauherr: Fundación Pies Descalzos
Fertigstellung: 2014
Standort: Lomas del Peyé, Cartagena De Indias, Kolumbien
Bildnachweis: Sergio Gómez, Medellín

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